Im Oktober 2015 habe ich eine tumblr-Seite unter dem Namen 100 Maschinen angelegt. Ich hatte damals gerade Das Holzschiff von Hans Henny Jahnn gelesen, den erfreulich kompakten Auftakt seines opus magnum Fluss ohne Ufer. Als nächstes standen mir die über 1500 Seiten des zweiten Teils bevor, und der Gedanke an diese Textmenge schreckte mich ab. Ich brauchte eine Art Schneise durch dieses Dickicht, was bei mir immer heißt: ein Projekt. So kam ich auf die Idee mit den Maschinen. Ich würde nicht gleich das ganze Buch lesen, sondern zuerst kursorisch durch den Text gehen, immer nur auf bestimmten Seiten einen Satz, eine Phrase heraussuchen, aus der man eine Maschine bauen konnte. Und zu dieser Maschine würde ich jeweils ein Bild machen! Am Anfang schwebte mir vor, selbst so dilettantische technische Zeichnungen anzufertigen (meine Frau ist ja Architektin und hat aus dem Studium noch ein Arsenal dieser abenteuerlichen Schablonen). Aber alle Versuche in diese Richtung gefielen mir nicht. Nebenher verging die Zeit. Dann dachte ich daran, mit CAD zu arbeiten. Das gefiel mir auch nicht. Zwischendurch achtete ich immer darauf, regelmäßig wenigstens im Admin-Bereich der tumblr-Seite irgendwas zu ändern, damit die Seite nicht wegen Inaktivität gelöscht würde.
Als dann DALL-E auf die Welt losgelassen wurde, sah ich endlich eine Möglichkeit. Es dauerte dann aber doch noch eine Weile, bis ich konkret loslegen konnte, bis zum Frühjahr 2023. Da legte ich schließlich die Seiten fest, auf denen ich die geeigneten Formulierungen finden sollte, und stellte sukzessive die 100 Maschinen zusammen. Mit einer nicht ganz so bekannten KI namens Deep Dream Generator erstellte ich die dazu passenden Bilder. Das war gar nicht so einfach. Mit nur der Maschine als Prompt wollte mir die KI vor allem Autos und Landschaften andrehen. Ich musste also feintunen, immer darauf bedacht, nicht zu sehr meine eigenen Vorstellungen der KI überzustülpen. Nach Möglichkeit nahm ich den ersten Versuch, nur wenn der zu generisch war oder das xte Auto zeigte, ergänzte ich Modifier. In der Summe war ich mit dem Ergebnis so zufrieden, dass ich auch noch ein kleines Buch daraus gemacht habe.
Exemplarisch zeigt Genese der 100 Maschinen übrigens ganz gut einige Aspekte, die sich so durchziehen bei mir: das Derivative, die Langsamkeit/Geduld, die Mischung aus komplizierten Verfahren und Willkür.